Trekking – Schwedisch Lappland

Dies ist ein ganz spezieller Blogbeitrag, genau so wie es diese Reise im September 2016 auch war.

Nur, wie schreibt man einen Reisebericht, wenn man so viel zu erzählen hat, aber der Text doch nicht zu lang werden soll? Ich habe zwei Mal neu begonnen und viel korrigiert, gelöscht und wieder geschrieben. Nun hoffe ich, dass ich euch meine Begeisterung zu dieser Reise, mit diesem Text etwas näher bringen kann!

Schon öfters dachte ich, eine mehrtägige Trekkingtour wäre ein tolles Erlebnis. Als mir meine Freundin Priska erzählte, dass sie eine Tour gebucht hatte und vorschlug, ich solle doch mitkommen, konnte ich mich zuerst nicht gleich dafür entscheiden.

Das vergangene Jahr hatte viel von mir abverlangt und ich suchte nach etwas, dass mir den richtigen Weg zeigt und mich zur Ruhe kommen lässt; so genau konnte ich das damals nicht definieren. Wer mich kennt, der weiss, dass ich nie genau weiss, was meine Ziele sind, damit meine ich im Besonderen meine beruflichen Ziele. Kürzlich hat mir aber jemand eine andere Sicht auf die Ziele gezeigt. Wieso immer nur nach dem Grossen suchen? Täglich haben wir viele Ziele, die wir gar nicht als solche wahrnehmen. Ein Ziel kann z.B. auch die nächste Wandertour sein, der nächste Kinobesuch oder einfach einen tollen Tag zu haben oder ein feines Mittagessen zu sich zunehmen. Das ist eigentlich genau so, wie ich mein Leben lebe, eins nach dem anderen, den Tag geniessen und machen was mir gefällt. Doch die Gesellschaft erwartet, dass man weiss, was man in fünf oder sogar in zehn Jahren macht. Wieso ist das so wichtig? Das hat dazu beigetragen, dass ich geglaubt habe, ich hätte keine richtigen Ziele, aber das stimmt nicht. Meine sind eigentlich ganz klar: das Beste aus dem Leben zu machen und sich nicht für etwas oder jemanden verbiegen müssen. Ganz nach dem Motto: Do what you love! In meinem Bekanntenkreis habe ich viele verschiedene Menschen, die mich immer wieder mit den richtigen Worten oder Gesten ein Stück weiterbringen.

So, nun aber zurück zum Reisebericht der Trekkingtour!

Nachdem ich mich für die Reise angemeldet hatte, wollte ich mich seriös vorbereiten und noch einige grössere Wanderungen machen. Leider durchkreuzte eine hartnäckige Erkältung meine Pläne und ich musste einen ganzen Monat auf anstrengende Aktivitäten verzichten. In den letzten Wochen vor der Reise wechselten sich Zweifel mit immer grösser werdender Vorfreude ab. Die Vorfreude und der Zuspruch meiner Freunde liessen die Zweifel, ob ich die Tour überhaupt schaffen würde, verschwinden.

Und dann war es soweit: mein Rucksack war gepackt inklusive Wanderstöcke, die Wanderschuhe im Handgepäck und den Hut fest in der Hand. Meine Spiegelreflexkamera musste auch unbedingt mit. Um drei Uhr in der Früh wartete ich auf mein persönliches Taxi für nach Stansstad. (Vielen Dank Simon!)

Von Stansstad brachte uns der Partner von Priska zum Flughafen Zürich, wo wir bereits beim Einchecken ein paar Teilnehmer der Trekkingtour trafen. Beim Zwischenhalt in Stockholm hatten wir einen kurzen Aufenthalt, den wir nutzten, um uns kennen zu lernen und für eine erste Runde Skip-bo. Da wussten wir noch nicht, wie oft wir dieses Kartenspiel in den kommenden Tagen noch nutzen würden. Unser Anschlussflug führte uns nach Kiruna im Norden von Schweden, wo unser Wanderleiter Cyril uns abholte. Nach dem Beziehen der Hotelzimmern und Einkaufen vom Proviant für das Mittagessen auf der Tour, konnten wir durch den Ort bummeln. Da Markttag war im Ort, fand ich auch gleich ein wunderschönes Souvenir: ein Armband aus Rentierleder verziert mit einem Geflecht aus Silber. Dieses begleitete mich auf der Trekking-Tour und ist seither wie ein Glücksbringer für mich.

Bei einem leckeren Abendessen in einem Pub hatten wir die Gelegenheit, uns etwas näher kennen zu lernen. Unsere Gruppe bestand aus neun Frauen und zwei Männern. Mit einem Augenzwinkern kann ich sagen: das ist doch fast ausgeglichen! Dort begriff ich langsam: Ja, ich bin wirklich in Schweden – so weit weg von der Schweiz und dem Alltag, in einem Land meiner Träume!

Zurück im Hotel verteilte Cyril noch jedem ca. 2 kg Lebensmittel für Frühstück und Abendessen auf der Tour sowie ein Lunchpaket für den nächsten Morgen, da wir schon früh los mussten und es kein Frühstück geben würde.

Am nächsten Morgen erreichten wir nach einer Stunde Busfahrt Abisko. Unterwegs haben wir völlig überrascht einen Elch am Strassenrand gesehen, was für ein imposantes Tier! In Abisko gibt es eine grosse Touristenstation für all die Wanderer, die sich auf den Kungsleden begeben wollen. Der Kungsleden (auf Deutsch: Königsweg) ist ein Fernwanderweg vom Norden über 440km in den Süden. Gestärkt mit Kaffee und heisser Schokolade war es endlich soweit: wir standen vor dem imposanten Holztor, am Start des grossartigen Wanderwegs!

Die erste Etappe führte uns 14 km lang durch Birkenwälder, vorbei an Seen, Flüssen und türkisfarbigen Schluchten nach Abiskojaure. Begleitet von Sonne, Regen und Wind zeigte sich das Wetter und die Landschaft schon am ersten Tag vielseitig! Wanderwege kreuzten sich mit Schneetöff-Wegen. Ich war stolz und beeindruckt, als wir in Abiskojaure ankamen. Der erste Tag mit ca. 12kg Gepäck auf dem Rücken war geschafft!

Vor dem Abendessen konnten wir in die Sauna. Das war total entspannend und wohltuend. Die neue gut ausgestattete Hüttensaune hatte ein grosses Fenster zum See. Zum Abkühlen führt ein schmaler Holzweg zum kalten See, der für rasche Abkühlung und manchen lauten Ausruf beim Eintauchen sorgte. Aber die Abkühlung war wunderbar und der Weg zurück in die Sauna nicht weit! Ein Riesenspass! Bei einem leckeren Abendessen und Kartenspielen liessen wir den Tag ausklingen. Nachdem ich vergebens nach dem Lichtschalter gesucht habe (es gab ja keinen Strom) kuschelte auch ich mich im Schein meiner Stirnlampe in den Schlafsack.

In der Hütte gab es dreistöckige Betten und ich wollte natürlich in der obersten Etage schlafen, dies war aber nicht so eine gute Idee. Als ich mitten in der Nacht nach Luft rang und es stockdunkel war geriet ich in Panik, ich musste da runter. Die frische Luft tat mir gut und ich wagte mich zurück in meinen Schlafsack. Aber das ging nicht! So wechselte ich in das letzte frei Bett in der untersten Etage und fand so doch noch einen ruhigen Schlaf.

Am zweiten Tag nahmen wir ca. 21 km unter unsere Füsse bis nach Alesjaure. Es war ein langer Weg und viel zu früh konnte man die Hütten schon sehen, doch sie kamen einfach nicht näher. An diesem Tag wechselte das Wetter wieder mehrfach und einen kurzen Moment schneite es sogar. Ich liebe das Wetter in all seinen Formen. Es war ein toller Tag wir kamen über die Baumgrenze und konnten Rentiere sehen und am Abend die Nordlichlichter, einer meiner Lieblingsmomente der Woche. Alle waren ganz aufgeregt und standen staunend unter dem Sternenhimmel und bewunderten dieses Lichterspiel am Himmel. Ich war fasziniert!

Der dritte Tag startete bei tiefer Minustemperatur und wunderschönem Wetter, für mich war es der schönste Morgen der ganzen Tour! An diesem Tag machten wir eine kurze Wanderung von Alesjaure hinüber zum Samendorf, welches nur ca. zwei Monate im Jahr bewohnt ist. Anschliessend ein Stück hinauf zu einem einsamen See. Der Polarwind war so eiskalt! Darum machte sich die Hälfte der Gruppe wieder auf den Rückweg, um den Nachmittag in der warmen Hütte zu verbringen. Die andere Hälfte der Gruppe stieg noch zu einem Gipfel hinauf. Ich bevorzugte die Wärme und die Aussicht auf eine oder zwei lustige Runden Skip-bo. Die Sauna liessen wir uns auch an diesem Tag nicht entgehen!

Am vierten Tag starteten wir früh, um bereits gegen die Mittagszeit in Unna Allakas zu sein. Wir verliessen den Kungsleden und wanderten über einen einsamen Pass. Die Landschaft war karg, steinig und beeindruckend unberührt. Wir durchquerten einen breiten Fluss, welcher wie ein Bild eines talentierten Malers aussah. Es war eine wunderschöne Wanderung und nur ca. 14km lang, doch es regnete in Strömen. Leider war meine neue Regenhose nicht dicht und als ich auch noch ausrutschte und auf meinem Ellenbogen landete, war meine Stimmung am Tiefpunkt angelangt. Nach einer warmen Suppe und Shoppingtour im Hüttenladen mit ganzen zwei Regalen besserte sich meine Laune schnell wieder! Seit diesem Sommer gab es in Unna Allakas auch eine Sauna mit einem tollen Ausblick auf mehrere kleine Seen in Richtung Norwegen, die Grenze war nicht weit entfernt.

Am fünften Tag war die längste Tour für uns geplant, nämlich zurück nach Abiskojaure. Wir kamen wieder zur Baumgrenze und wanderten durch märchenhafte Birkenwälder und wir durchquerten zwei Bäche ohne oder bis übers Knie hochgekrempelte Wanderhosen, Barfuss in den Crocs, da es keine Brücken gab. Das war milde gesagt erfrischend (ungehobelt ausgedrückt wäre hier der Ausdruck „saukalt“ passend), aber dieses kleine Abenteuer regte die Durchblutung an, so dass wir nicht lange kalt hatten. Es war ein langer (ca. 24km) aber wunderschöner Tag!

Als ich endlich in Abiskojaure ankam, war ich einfach nur glücklich, denn ich freute mich riesig auf die Sauna und die Abkühlung im See! Cyril, unser Wanderführer, bereitete für uns ein letztes leckeres Abendessen zu und verwöhnte uns noch einmal kulinarisch.

Als ich meine Hüttenschuhe am nächsten Morgen ein letztes Mal in den Rucksack packte, war es da dieses Gefühl den falschen Weg zu beschreiten. Ich wollte noch nicht nach Hause und einfach weiter wandern und diese wunderbare Landschaft und das Leben aus dem Rucksack festhalten! Dieses Gefühl sollte mich noch drei Wochen lang begleiten. Erst als ich beschloss, irgendwann nochmal eine Trekkingtour durch das schöne Schwedische Lappland zu machen, ging es mir besser und ich fühlte mich wieder wohl zu Hause. Die letzte Etappe von Abiskojaure nach Abisko zeigte sich von seiner schönsten Seite bei herrlichem Sonnenschein. Wir gingen fast den selben Weg zurück wie wir am ersten Tag gekommen waren. Nach einem letzten Rast an einem verträumten See, kamen wir schon kurz vor Mittag in Abisko an.

Schnell noch ein paar Postkarten gekauft und schon fuhren wir mit dem Zug zurück nach Kiruna. Vollgepackt mit schönen Erlebnissen, neuen Freunden und etwas aufgedreht und wehmütig schrieb ich Postkarten an die Daheimgebliebenen. Unglaublich, was ich alles gesehen und erlebt habe: rosarotes Gras, Rentiere, Regenbögen, Wetter von Sonnenschein über Schnee zu Wind und Regen, Minustemperaturen, Raureif am Morgen, ein Elch, Nordlichter, viele Regenbögen, eintauchen in den kalten See nach dem Gang in die Sauna, Barfuss mit den Crocs durch Bäche, lecker Mahlzeiten, Samensiedlungen, den Herbst in all seinen Farben in endloser Weite…

Zurück im Hotel war Packen für den Rückflug und duschen angesagt! Wir gönnten uns als Abschlussabendessen eine spezielle Pizza: ich hatte eine mit Blaubeeren und Rentierfleisch – einfach lecker! Am nächsten frühen Morgen ging es zum Flughafen und nach einem Zwischenstopp in Stockholm und einem letzten Skip-bo-Spiel hiess es dann in Zürich Abschied nehmen.

Vielen Dank an alle die dabei waren, es war wunderbar mit Euch zusammen. Ein grosses Merci an unseren aufmerksamen und kompetenten Wanderleiter, sowie auch an Berg-Welt für die Organisation! Danke Priska, dass Du mich für die Reise motiviert hast, ich hoffe wir können bald mal wieder zusammen losziehen! Danke Carmen für das Korrektur lesen dieses Berichts.

Fazit: Es war eine wunderschöne Reise und eine eindrückliche Erfahrung. Eine Reise die mich tiefberührt und wachgerüttelt hat. Ich durfte neue Freundschaften knüpfen, die Natur erleben ohne Strom und all die Technik und ich habe mich verliebt in die wunderbare Landschaft. Diese Tour hat meine Reiselust geweckt und mir gezeigt, dass ich noch mehr solch herrliche Naturerlebnisse sammeln möchte. In Zukunft werde ich noch mehr auf mein Bauchgefühl hören und tun worauf ich Lust habe!

Etwas stolz darf ich auch sein, dass ich während dieser Tour über 100 km gewandert bin. Das tat gut für mein Selbstvertrauen und zeigt mir, dass ich definitiv auf dem Weg zu meinen kleineren und grösseren Zielen bin!